Diese Schule habe ich vor einigen Tagen zufällig beim Stöbern entdeckt und sie scheint mir nach erster Beschäftigung damit einige interessante Ansätze mitzubringen. Die erste Auflage ist erst im Jahr 2011 erschienen und mir war die Schule bisher unbekannt. Darum hier mal eine kurze Zusammenfassung meiner ersten Eindrücke für alle, die es interessiert. Sollte schon jemand von euch damit gearbeitet haben, sind Ergänzungen natürlich herzlich Willkommen!
Die Schule ist in 33 kurze Lektionen gegliedert, die laut Vorwort jeweils Stoff für ca. eine Unterrichtswoche bieten. Abzüglich der Ferien würde die Schule dann für das erste Unterrichtsjahr reichen. Mein Eindruck ist allerdings, dass man zumindest für die letzten Lektionen vermutlich eher etwas länger braucht und so -je nach Schüler - auch bestimmt 1,5 Jahre beschäftigt sein dürfte.
Interessant fand ich, dass überdurchschnittlich lange ausschließlich auf dem Kopfstück gespielt wird. Erst in Lektion 10 wird zum ersten Mal mit der ganzen Flöte gearbeitet und auch dann fließen noch immer Tonübungen mit dem Flötenkopf ein. Dementsprechend wird ein ganz großer Schwerpunkt auf Tonbildung und Atmung gelegt. Es wird eine sogenannte "Stimmhülse" angefertigt, mit der man den Flötenkopf auf den Ton g2 stimmen und so von Anfang an mit der CD üben kann. Durch mehr oder weniger großflächiges Abdecken des Rohres kommen dann noch die Töne g1, fis2 und f2 sowie - durch Überblasen - d3 hinzu ... ebenfalls nur mit dem Kopfstück.
Entsprechend startet man mit den ersten gegriffenen Tönen dann direkt in beiden Oktaven, was nach so intensivem Ansatztraining auch sicher kein Problem mehr sein wird. Die Schule behandelt den Tonumfang von d1 bis d3, wäre im Prinzip also auch mit der Kinderquerflöte komplett zu spielen.
Am Anfang jeder Lektion steht eine Tabelle mit einem sogenannten "Fitnessplan" in dem alle Übungen aufgelistet sind, die vom Schüler behandelt werden sollen. Dazu gehören auch oft Atem- Ton- und Technikübungen aus vorhergehenden Lektionen, die so vertieft und wiederholt werden. Hier würde ich mir wahrscheinlich noch ein oder zwei Zeilen für eigene, individuell im Unterricht erarbeitete Übungen oder Ähnliches wünschen, aber da findet man in der Praxis sicher eine Lösung.
Weiterhin gibt es in jeder Lektion Rhythmusübungen zum Klatschen (oft beidhändig verschiedene Rhythmen) und Sprechen. Rhythmisch geht es so schon früh ganz gut vorwärts, bis man zum ersten Mal mit der ganzen Flöte spielt, sind alle in der Schule vorkommenden Notenwerte (bis zu Sechzehnteln, Triolen und Punktierungen) eingeführt. Mir erscheint es sehr sinnvoll, von Anfang an so konsequent an der Rhythmik zu arbeiten und das auch in gezielten, kurzen Übungen, nicht nur durch Musikstücke.
Ein weiterer Schwerpunkt, den ich so aus anderen Schulen nicht kenne, sind die sogenannten "Notendiktate". Hier wird eine kurze Melodie von der CD vorgespielt, die der Schüler nachspielen und anschließend auch aufschreiben soll. Überhaupt nimmt das Auswendigspielen und das Spielen nach Gehör mehr Raum ein, als in den meisten anderen Flötenschulen.
Die Technik wird anhand von Tonleiter- und Dreiklangsübungen permanent trainiert. Sicher könnte man hier als Lehrer mit eigenen Übungen ergänzen, die Auswahl in der Schule bietet aber wie ich finde eine ganz gute Basis.
Die Literaturauswahl ist bunt gemischt und reicht von Volks- und Kinderliedern (eher wenige) über bekannte klassische Kompositionen bis hin zu Jazz, Swing und modernen Stücken. Auf den ersten Blick würde ich mir vielleicht mehr Übungsstücke zu einzelnen Schwerpunkten wünschen. Es kann allerdings sein, dass das in der Praxis durch die vielen technischen Übungen aufgefangen wird und man auch so gut klarkommt. Ansonsten ist hier eben die Kreativität des Lehrers gefragt, durch geeignete Zusatzliteratur zu ergänzen.
Jede Übung und alle theoretischen Inhalte sind sehr ausführlich beschrieben und erklärt. Die Sprache bleibt dabei einfach, gut verständlich und kindgemäß. Da auf jeden überflüssigen "Schnickschnack" verzichtet wird und die Schule sehr strukturiert und zielgerichtet vorgeht, müsste man wohl trotzdem im Einzelfall entscheiden, ob man mit ganz jungen Anfängern schon danach arbeiten möchte.
Fazit: Insgesamt stellt die Schule für mich einen auf den ersten Blick sehr interessanten und mal etwas anderen Unterrichtsansatz dar. Ich könnte mir im Augenblick sehr gut vorstellen, danach zu arbeiten, weil sie viele Details und Übungen enthält, die ich sonst immer selber ergänzen musste. Voraussichtlich werde ich ab Januar mit ein bis zwei Anfängern nach dieser Methode starten und dann natürlich auch gerne noch einen Bericht über die "Praxistauglichkeit" abgeben.