Danke Altepic für das Aufwärmen eines alten Threads. Es ist total spannend zu lesen, was ihr so berichtet und wenn ich meine eigenen Beiträge lese, muss ich mittlerweile schmunzeln bzw. vielleicht sogar den Kopf schütteln
Ich bin mir nicht sicher, ob ich meine weitere Powell-Geschichte hier gepostet habe, deshalb meine 2 Cent:
Mit meiner Powell-Vollsilberflöte wurde ich nach und nach unzufriedener. Die Generalüberholung war anfangs zwar gut, aber die Polster haben mit der Zeit immer wieder nicht gedeckt und selbst Herr Uesawa hat das nicht mehr gut hinbekommen und er ist der beste Polsterer, den ich kenne. Auch der Generalvertreter aus Deutschland nannte mein Flötchen einen "Alten Knochen". Die Einschätzung war, dass die Mechanik sich einfach selbst verstellt. Bei einer 40 Jahre alten Flöte kein Wunder (zumal dieses Modell damals nicht mit Spitzdeckeln ausgestattet wurde).
Die nächste Baustelle - neben der Mechanik - stellte der Flötenkopf dar. Mit der Zeit habe ich beinahe einen Hass aufgebaut, weil er einfach gar nichts verziehen hat. Natürlich trägt hier auch der schlechte Zustand der Polsterung bei, aber der Schnitt war für mich nicht geeignet. Für die Kenner unter euch; es handelt sich um einen Kopf mit leicht gewölbter Mundlochplatte, ähnlich wie bei manchen Sankyoflöten. Mit dieser Wölbung komme ich nicht klar. Vermutlich aufgrund meiner eigenen Anatomie. Durch einen glücklichen Zufall konnte ich einen Brannen-Vollsilberkopf mit 14k-Goldkamin für umwerfende 800 € kaufen (wieder für die Kenner: der Kopf war mit E.W. signiert
). Ein tolles Ding. Allerdings habe ich anfangs nicht kapiert, warum die Flöte nun immer noch nicht perfekt für mich war: Es klang und fühlte sich an, wie einen Trabbi mit Ferrari-Motor zu fahren. Der Körper hat den umwerfenden Kopf gebremst.
Als ich zwischendurch meine alte, gammlige Yamaha 211 angespielt habe, hatte ich mich entschlossen, mein "Leid" endlich zu beenden. Komme was wolle. Ich habe also alle Flöten inseriert, die ich besaß: Eine Yamaha 311, eine Yamaha 211, einen Extra H-Fuß für die Yamaha und meine Powell. Alles verkaufte sich quasi über Nacht und von dem Geld habe ich mir eine Yamaha 271 gekauft und damit im Orchester gespielt. Alles? Nein die Powell wollte sich nicht recht verkaufen. Habe ich erwähnt, dass sie Inline gebaut wurde? Also habe ich erst den Kopf verkauft (mit Gewinn
) und die Flöte habe ich an die Holzbläser in Berlin zur Kommission gegeben. Sie haben die Flöte noch mal durch die eigene Werkstatt gejagt und somit das bestmögliche rausgeholt. Der Verkauf fand tatsächlich Mitte 2016 statt. Hiermit einen riesen Dank an die Holzbläser
Tja, da stand ich nun im Orchester und habe mit einer Yamaha 271 Nikolay Rimsky-Korsakovs' Scheherazade gespielt. Langsam merkte ich, dass ich doch ganz gut intonieren kann und dass mein Klang gar nicht so übel ist. Meine Angst vor der tiefen Lage wandelte sich langsam in Respekt um und ich konnte mich einfach wieder auf die Musik konzentrieren. Mein Selbstvertrauen stieg und mein Ehrgeiz ebenfalls. Nachdem ich dann die Pavane mit der 271er gespielt habe (ja, jetzt oute ich mich auch mal):
https://www.youtube.com/watch?v=miI6wi6T968stieß ich erneut an die Grenzen des Möglichen. Die Mechanik ist zu schwerfällig und die Polster vom Fußstück deckten einfach überhaupt nicht (man hört es auch im Konzert). Also bin ich, langsam mit viel Zeit, auf die Suche nach einer Flöte gegangen. Mein Entschluss stand fest: Ein Auto brauche ich nicht, eine Familie gründe ich nicht, ein Haus baue ich nicht, also kaufe ich mir eine super teure Flöte. Ich habe also unzählige Flöten in meiner Umgebung getestet (mein Anspruch war Vollsilber und nichts darunter). Besonders Mechanik und Intonation waren mir wichtig, alles andere kann man ggf. später ändern. Also probierte ich mich durch unzählige Pearls, Yamahas, Powells, Burkarts und Altus. Ich glaube auch eine Miyazawa getestet zu haben, aber die war in einem schlechten Zustand, als ich sie probierte (wie übrigens jede einzelne Miyazawa, die ich jemals von einem Händler getestet habe: Schämt euch Flutissimo, sogar eure Miyazawa deckte nicht richtig (Flötenfestival 2017!!!). Wobei eure Miyazawa ja noch super war im Vergleich zu dem ärmlichen Flötchen, das man beim Hieber Lindberg in München testen konnte).
Ich landete bei dem Ergebnis, dass die Mechanik von Burkart, Powell und Altus meinen Ansprüchen entspricht und bin wieder zum Flöten Haber nach München gefahren. Dort habe ich die Altus sofort ausgeschlossen, weil die Mechanik beim direkten Vergleich nicht mithalten konnte. Böse Menschen könnten unterstellen, dass das Kalkül ist, aber wer ist schon so böse
. Jetzt möchte ich anmerken, dass ich immer noch ein Grünschnabel war (bin
) und deshalb nicht alleine hätte testen sollen. Gut, ich hatte einen Freund dabei, der kein Instrument spielt. Herr Haber und er kamen beide zum gleichen Ergebnis: Den schönsten Klang erzielte ich für beide auf den Powell-Flöten. Ich habe mich aber auf Anhieb in eine Burkartflöte verliebt, weil die Mechanik perfekt zu meinen großen Händen passt und weil die Ansprache und die Intonation tausendmal besser für mich steuerbar waren, als auf allen anderen Flöten. Also bin ich mit einer Orchesterfreundin, die hervorragend spielt, erneut zum Direktvergleich Powell-Burkart gefahren und wir haben uns durch unzählige Powell-Köpfe probiert (wahrscheinlich alle, die vorrätig waren
). Mein persönliches Problem mit Powell war, dass sie mich zurückhält und unglaublich schwerfällig artikuliert. Die Burkart hingegen ist wie ein umgezäuntes Pferd für mich gewesen. Meine Freundin warnte mich auch, dass man lernen muss, sie zu beherrschen, weil sie alles mitmacht, aber gefühlt 100fach verstärkt.
Hier endet die eigentliche Powell-Geschichte. Mein Zwischenfazit ist, dass Powell-Flöten Charakterflöten sind. Das muss einfach passen. Es handelt sich nicht um eine Muramatsu, die fast jeder gut spielen kann...
Nachdem ich eine Woche darüber geschlafen hatte, habe ich mir die Burkart-Flöte gekauft. Das war Mitte Januar 2016. Jetzt bin ich immer noch erstaunt, was diese Flöte alles kann. Allerdings gibt es einen Wermutstropfen: Wer Flöte professionell spielt oder spielen möchte, sollte sich nicht von meinem Bericht beraten fühlen, eine Burkart zu kaufen. Die Mechanik ist zwar besser als die von Muramatsu, aber es geht besser (z. B. Brannen). Meinen Eindruck habe ich mir von Herrn Uesawa bestätigen lassen.
Die Köpfe von Burkart lassen sich leicht spielen. Wer aber einen extra guten Klang möchte, muss sich anders umsehen. Das bestätigt ebenfalls meine Zuhörer, die meinten, dass ich auf "Powell" besser klinge. Ich habe neulich einen 14k-Lafin-Kopf mit Platinkamin auf meine Flöte gesteckt und war überwältigt. Der kostet aber fast so viel, wie meine Flöte.
Ich spiele quasi semi-professionell, weil ich bei einer Professorin Intensivunterricht hatte und Meisterkurse besucht habe. Mir fehlt aber ein echtes Studium. Solange ich 1-2 h üben pro Tag nicht überschreite, werde ich die Fähigkeiten einer noch besseren Flöte nicht nutzen können. Deshalb bleibt meine Burkart erste Wahl
.
Endfazit: Etwas was ich hier mittlerweile vehement verteidige (das geht jetzt besonders an alle Flötennerds, die wie ich vom Flötenkauf nicht genug bekommen können) ist, dass man sich extrem viel Zeit für den Neukauf lassen sollte. Mit extrem viel Zeit meine ich Jahre. Bestenfalls nicht nur 2. Wenn man also langsam erkennt, dass es an der Zeit für eine neue Flöte ist, dann sollte man einfach alles testen, was man in die Finger bekommt. Hier ist der Extraschritt ratsam zu Festivals, Messen, Bertram, Flutissimo oder Adams. Nur so bekommt man einen echten Überblick darüber, was möglich ist. Ich habe am Flötenfestival 2017 bestimmt alle Goldflöten getestet, die dort angeboten wurden. Basis des ganzen ist ein extrem guter Lehrer des Vertrauens, der einem sagen und vormachen kann, was auf der Flöte alles möglich ist. Und: wer nicht in Topform beim Flötenkauf ist, sollte keine Flöte kaufen. Ist das jedem bewusst? Mir war es nicht bewusst
Also habt Spaß, träumt von eurer "Traumflöte", aber seid realistisch, wenn es ans eingemachte geht.
LG
Sheepy
PS: Wenn ich mir endlich wieder viel Zeit nehmen kann und ich das nötige Geld zusammen gekratzt habe, werde ich eventuell auf Gold umsteigen. Meine Lehrerin hat mir das ebenfalls empfohlen unter der Prämisse, dass ich mich vorher in Topform bringe, bevor ich teste und entscheide
. Rainer, ich komme
“Faux comme une flûte” est un proverbe musical dès longtemps établi. “Je connais quelque chose de plus faux qu’une flûte, disait Mozart. – C’est? – Deux flûtes.”