Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss




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Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon James Blond » 09.08.2021, 23:17

Ich habe nun endlich auch die Artikulation schneller kurzer Töne als wichtiges Ausdrucksmittel - und als meine Baustelle! - erkannt und schaue, was sich dort alles üben lässt.

Ich habe mir dazu diverse YT-Clips zur o. g. Artikulation angesehen, immer ist dort von 'tonguing' - also dem Einsatz der Zunge - als dem Unterbrecher der Wahl die Rede.

Leider ist meine Zunge von Natur aus recht träge und ich übe eher mit Widerwillen und Frust den Gebrauch von Einfach- und Doppelzunge. Ich finde auch, dass es selbst perfekt gespielt nicht besonders gut klingt. Ganz gleich ob ich nun di-ge-di-ge oder dü-gü-dü-gü oder te-ke-te-ke oder was auch immer phrasiere: Es hört sich irgendwie 'abgegriffen' an, eine Standardphrasierung, derer ich schon überdrüssig bin, noch bevor ich sie richtig beherrsche. Ganz schlimm finde ich das Flöten-Pizzicato, das sich anhört, als würde man in die Flöte spucken: Mehr ein Hall aus dem Rohr anstelle eines Tones. Auch für das Beatboxing auf der Flöte kann mich (selbst als alter Ian-Anderson-Fan) nicht mehr so recht begeistern.

Klangtypisch - und für mich eher störend - ist dabei der offene Ausklang der kurzen Töne: Der Luftstoß lässt den Ton mit einer starken 'Attack' beginnen und in einen Hauch auslaufen.

Nun ist mir aufgefallen, dass ich bestimmte Läufe automatisch durch Lippenschluss 'staccatisiere', es klingt dann als 'pap-pap-pap-pap' gehoppelt und wirkt recht munter und aufgeräumt. (Ich werde dazu noch eine kleine Aufnahme bringen.) Dazu habe ich im Netz allerdings nicht viel gefunden, außer dem Hinweis, dass mit Staccato-Lippeneinsatz keine besondere Geschwindigkeit zu erzielen und daher davon abzuraten ist.

Was für eine Begründung! Als ob Geschwindigkeit hier das Maß aller Dinge wäre ... :roll: Schließlich geht es mir dabei vor allem um den besonderen Ausdruck.

Ich schreibe das mit der Bitte an die erfahrenen Flötisten unter euch, die Unterricht genossen haben und/oder selbst als Lehrer arbeiten:

Was sind eure Erfahrungen mit Lippenschluss-Artikulationen?
Wie denkt ihr darüber?

Grüße an alle
JB
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von Anzeige » 09.08.2021, 23:17

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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon tityre » 10.08.2021, 13:44

Ich nehme an, Du meinst mit "Lippenschluss" das, was ich unter "french détaché" kenne. Ich benutze das, wenn ich eine besonders klare, kurze und scharfe Artikulation oder besondere Akzente in gestoßenen Passagen haben möchte.
Funktionieren tut das am besten ab dem mittleren Register aufwärts. Und ja: ab einem gewissen Tempo geht das gar nicht mehr, da muss man dann auf Doppelzunge/Trippelzunge zurückgreifen (die wiederum kann auch bei geringeren Tempi gut klingen, zumal man das einfache t-k-t/d-g-d ja auch variieren kann (t-k-t-t-k-t; t-t-t-t-k-t, k-t-k-k-t-k; t-t-t-k-t-k usw.)).

Außerdem gibt es dann noch so ein ganz langsames und nur angedeutetes French tonguing, was so ähnlich funktioniert, aber eben langsam. Da kommt der Ton dann praktisch aus dem Nichts, man hört also gar keinen Anstoß.

Die Ansichten über beide Arten scheinen mir aber zuweilen auch auseinander zu gehen, je nachdem, welcher Flötist es erklärt.

Was mir nicht klar ist: "Leider ist meine Zunge von Natur aus recht träge und ich übe eher mit Widerwillen und Frust den Gebrauch von Einfach- und Doppelzunge." Wie stößt Du denn die Töne an, wenn Du weder Einfach-, noch Doppelzunge benutzt?
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon James Blond » 10.08.2021, 22:17

Vielen Dank für deine rasche Antwort!

tityre hat geschrieben:Ich nehme an, Du meinst mit "Lippenschluss" das, was ich unter "french détaché" kenne. Ich benutze das, wenn ich eine besonders klare, kurze und scharfe Artikulation oder besondere Akzente in gestoßenen Passagen haben möchte.
Funktionieren tut das am besten ab dem mittleren Register aufwärts. Und ja: ab einem gewissen Tempo geht das gar nicht mehr, da muss man dann auf Doppelzunge/Trippelzunge zurückgreifen (die wiederum kann auch bei geringeren Tempi gut klingen, zumal man das einfache t-k-t/d-g-d ja auch variieren kann (t-k-t-t-k-t; t-t-t-t-k-t, k-t-k-k-t-k; t-t-t-k-t-k usw.)).

Ich denke, das ist es. Der Ton beginnt und endet ohne Beteiligung der Zunge, nur die Lippen öffnen sich kurz für den Luftstrom und schließen sich dann wieder. Phonetisch wäre das etwa ein 'bhb-bhb-bhb'. Das klappt nur ab dem mittleren Register und in einem moderaten Tempo. Und es klingt auch anders, ich habe hier -> 2 kurze Beispiele hochgeladen. Im Gegensatz zum Zungenstaccato '<<<<<<<' gibt es hier kurze Pausen zwischen den Tönen '<><><><>'. Charakteristisch scheint mir auch das kurze 'Säuseln' zu Beginn jedes Tons. Und es soll auch kein Ersatz für das übliche Staccato sein, nur eine Erweiterung. Mich irritieren allerdings diese ständigen bloß-nicht-Diskussionen um den Ansatz oder die Artikulation.

tityre hat geschrieben:Was mir nicht klar ist: "Leider ist meine Zunge von Natur aus recht träge und ich übe eher mit Widerwillen und Frust den Gebrauch von Einfach- und Doppelzunge." Wie stößt Du denn die Töne an, wenn Du weder Einfach-, noch Doppelzunge benutzt?


Na, das würde wohl schwerlich gehen ;)
Ich kann zwar auch ganz ohne Zungeneinsatz allein aus dem Zwerchfell heraus Töne anstoßen, aber natürlich setze ich auch die Zunge meist intuitiv ein, also vor allem bei Betonungen. Jetzt übe ich zunehmend Tempo und dazu brauche ich auch die schnelle (Doppel-)Zunge. Die macht allerdings nur sehr langsam Fortschritte. Mein Widerwillen rührt also von der Trägheit meiner Zunge, nicht vom Zungenstaccato.

Liebe Grüße
JB
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon tityre » 11.08.2021, 15:28

James Blond hat geschrieben:

Ich denke, das ist es. Der Ton beginnt und endet ohne Beteiligung der Zunge, nur die Lippen öffnen sich kurz für den Luftstrom und schließen sich dann wieder. Phonetisch wäre das etwa ein 'bhb-bhb-bhb'. Das klappt nur ab dem mittleren Register und in einem moderaten Tempo.
JB[/quote]

Hm...das ist eher die Technik, die ich für Töne verwende, die aus dem Nichts kommen sollen. Dieses "french détaché" ist eher für besonders spitzes bzw. akzentuiertes staccato.

Aber egal, wie man es nennt, man muss natürlich beide Arten beherrschen.

Wenn es Dich interessiert, da etwas in die Tiefe zu gehen, kann ich das Buch "The simple Flute" von Michel Debost empfehlen.
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon James Blond » 11.08.2021, 21:46

Danke für die nochmalige Antwort und den Literatur-Tipp!

Sehr interessant, wie sich Bezeichnungen und Verwendungsmöglichkeiten von Artikulationen unterscheiden, was übrigens auch in den verschiedenen YT-Clips deutlich wird. Mein erster Eindruck ist, dass hier verschieden Schulen miteinander konkurrieren.

Den Anlass zu meiner Frage gab allerdings die Beobachtung, dass fast grundsätzlich von einer Bewegung der Lippen zur Staccato-Artikulation abgeraten wird, was für mich nicht so ganz nachvollziehbar ist. Gibt es dafür eine nachvollziehbare Begründung?

tityre hat geschrieben:
James Blond hat geschrieben:Ich denke, das ist es. Der Ton beginnt und endet ohne Beteiligung der Zunge, nur die Lippen öffnen sich kurz für den Luftstrom und schließen sich dann wieder. Phonetisch wäre das etwa ein 'bhb-bhb-bhb'. Das klappt nur ab dem mittleren Register und in einem moderaten Tempo.
JB

Hm...das ist eher die Technik, die ich für Töne verwende, die aus dem Nichts kommen sollen. Dieses "french détaché" ist eher für besonders spitzes bzw. akzentuiertes staccato.

Für die 'Töne aus dem Nichts' kann ich mir diese Technik allerdings nur schwer vorstellen, da würde ich nicht mit geschlossenen Lippen ansetzen, sondern mit einer auf minimalen Luftstrom (wie für's Pianissimo) vorbereiteten Öffnung und den Luftstrom erst anschwellen lassen, sobald der Ton erklingt. Aber vielleicht hast du ja eine andere Art von 'Tönen aus dem Nichts' im Ohr. Als "Soundmanager" würde ich hier von 'minimal attack' reden.

Grüße
JB
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon tityre » 12.08.2021, 09:14

James Blond hat geschrieben:Danke für die nochmalige Antwort und den Literatur-Tipp!

Sehr interessant, wie sich Bezeichnungen und Verwendungsmöglichkeiten von Artikulationen unterscheiden, was übrigens auch in den verschiedenen YT-Clips deutlich wird. Mein erster Eindruck ist, dass hier verschieden Schulen miteinander konkurrieren.

Den Anlass zu meiner Frage gab allerdings die Beobachtung, dass fast grundsätzlich von einer Bewegung der Lippen zur Staccato-Artikulation abgeraten wird, was für mich nicht so ganz nachvollziehbar ist. Gibt es dafür eine nachvollziehbare Begründung?


Ich bin immer ganz vorsichtig, wenn es um "grundsätzlich" falsch oder richtig geht. Gerade Debost ist da sehr pragmatisch. Der findet den rechten kleinen Finger auch schon mal entbehrlich, wenn es hilft und man keinen Unterschied hört. Da kriegen andere Schnappatmung.
Ich finde, alles, was funktioniert, hat eine Berechtigung. Ich habe zwar nicht studiert, habe aber ganz vorzüglichen Unterricht genießen dürfen. Die Lehren unterscheiden sich da einfach: die einen Lehrer waren da sehr festgelegt und die anderen ordnen die Methode dem Klangerlebnis unter, auch, wenn es dann schon mal unorthodox wird. Für mich ergibt das musikalisch deutlich mehr Sinn.

Es gab da mal einen Pianisten (Rubinstein? Horowitz? - vergessen), der sagte sinngemäß: Wenn man mit den Handflächen nach oben besser spielen kann, als konventionell, soll man das so machen. Finde ich sehr klug.

Bei deinem Klangbeispiel höre ich praktisch gar keinen Anstoß (attack), was mir sehr fremd ist. Gerade Barockmusik lebt für mich von der ausdrucksstarken und abwechslungsreichen Staccatotechnik. Aber Du bist ja musikalisch auch etwas moderner unterwegs, da sieht das natürlich anders aus.

Aber zur Ausgangsfrage:
ich persönlich vermeide Lippenbewegungen auch, weil ich finde, dass das den Luftstrom und damit den Klang stört. Das, was Du als Lippenstaccato oder so ähnlich bezeichnest, mache ich mit der Zunge; nur eben weiter vorne. Bei anderen mag das mit Lippenbewegungen gut funktionieren, ist einfach eine Sache des persönlichen Ansatzes - bei mir eben nicht. Auch den Ton mit den Lippen zu beenden, mache ich nie. Ich habe das so nicht gelernt, aber wer weiß - wenn man sucht, findet man sicher Leute, für die das gut funktioniert.

Es war früher in meinem Unterricht auch undenkbar, mit einem nicht zentrierten Ansatz, also seitlich verschoben, zu spielen, obwohl alle zu Moyse pilgerten, der ja nun ein Paradebeispiel für einen unorthodoxen Ansatz war.

Ich meine festzustellen, dass gerade im Jazz viele Leute unterwegs sind, die nicht so "regelkonform" spielen; ist vielleicht auf einen höheren Anteil der Autodidakten zurückzuführen.
Wenn es gut klingt - wieso nicht?
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon Altepic » 12.08.2021, 21:39

Hallo James Blond,
ich will auch noch meinen Senf dazugeben...Du bist ja ein fortgeschrittener Flötist.
Für mich gehört das Thema Lippenschluss beim Anstoßen in den Bereich "besondere " Spieltechniken. aućh z.B zum Thema Beatboxing.
Wenn mann einen Ton ohne Zungenstoß anspielen will, dass er Quasi aus dem Nichts kommt empfiehlt Pahud, sich vorzustellen, der Luftstrom kommt über den Hinterkopf in die Nase und fliesst dann heraus.... das funktioniert mit etwas Übung.

zur Doppelzunge:
... selbst GUTE Klarinettisten können Doppelzunge... und für die ist es echt schwer!! :D Die haben ja noch was im Mund!
Die zunge ist ein Muskel, der Training braucht. Wie die Lippen auch. Wie soll z.B ein Trompeter eine Fanfare ohne Doppelzunge messerscharf und schnell spielen? Tekete te te
Du kannst diese Zungenübungen ja auch ohne Flöte machen, auch leise... im Bus, im Auto, in der U-Bahn, auf der Toilette.....
Je öfter man das in allen Variationen übt, um so besser wird es .. von tekete über dekede, degede, dügüdü, tekete tekete oder tekete ketekete... etc. oder auch mal Phrasen mit ausschliesslich kekeke üben (das ist schwer, bringt aber viel)
Lass Dir Zeit, das dauert, aber bleib dran und Du wirst jede Woche feststellen, dass es besser wird.
Wie würdest Du den Kolibri aus dem Karneval der Tiere ohne Doppelzunge spielen wollen?
Viel Spass dabei... Der Erfolg kommt mit der Zeit
Du hast ja keinen Druck!

LG Altepic
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon James Blond » 12.08.2021, 21:52

Hallo tityre!

Nun ja, wer aber entscheidet, ob es 'gut klingt'? Oder wann es gut klingt?

Die Geschmäcker mögen verschieden sein und auch die erlernten Erwartungen an die Musik. Auch der Jazz beinhaltet sehr unterschiedliche Stilrichtungen. Schön ist es, wenn man es schafft, verschiedene Formen in sein Spiel so zu integrieren, dass daraus ein sinnvolles Ganzes entsteht. Mir als Autodidakten, der erst über Rock und Funk zum Latin Jazz kam, wird kaum mehr als eine Annäherung an die Klassik gelingen - es reicht auch, wenn es mir gelingen sollte, Elemente aus der U- und E-Musik zu neuen Formen zu verbinden. Ich sehe mich in erster Linie als Musiker, auch als Komponist, erst danach als Instrumentalist, der seine Übungen meist verwendet, um daraus eigene Ideen zu generieren.

Nochmals meinen Dank für deine Antworten.

Hallo Altepic,

danke für deine Ermutigung. Ich denke, ich habe diesen Faden auch begonnen, um Motivation für etwas mehr Lippentraining zu sammeln. Das hat mittlerweile auch schon kleine Früchte getragen, Zeit dafür und ein bisschen Geduld habe ich auch. Vielleicht ist davon auf den nächsten Aufnahmen auch etwas zu hören ...

Grüße
JB
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon James Blond » 12.08.2021, 22:11

Ooops: Lippentraining? Ja auch, aber hier meinte ich jetzt eigentlich Zungentraining ... :)
Sorry
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon tityre » 16.08.2021, 09:22

James Blond hat geschrieben:Hallo tityre!

Nun ja, wer aber entscheidet, ob es 'gut klingt'? Oder wann es gut klingt?


Du. Du entscheidest, ob das Ergebnis Deinen Ansprüchen genügt, ob Du den musikalischen Ausdruck erreichst, den Du Dir vorgestellt hast. Ganz einfach.

Ansonsten:
Ich fürchte, Doppelzunge ist auch ein bisschen angeborenes Talent. Ich kenne Flötisten, die richtig gut sind, denen Doppelzunge dennoch schwer fällt und die oft sehr schnelle Passagen noch mit Einfachzunge meistern. Das wäre für mich undenkbar. Ich steige schon sehr früh um, weil sie mir sehr leicht fällt. Da ich nicht so wahnsinnig viel geübt habe, scheint das auch ein bisschen Veranlagung zu sein. Aber natürlich ist es wie immer: Üben hilft (leider). :mrgreen:

Kleine Anekdote am Rande - so habe ich Doppelzunge gelernt:
Mein Lehrer hat mir kommentarlos (wie? Du kannst keine Doppelzunge?) das Perpetuum Mobile hingelegt und gesagt, ich solle einfach (!) "degedege" spielen. Keine Erklärungen, keine Extraübungen. Fand ich damals gar nicht lustig, aber irgendwie hat es geklappt. Allerdings merke ich immer wieder, dass ich das so intuitiv gelernt habe und nicht sehr systematisch. Das fehlt mir oft und kostet jetzt zusätzliche Übezeit, insofern hat es sein Gutes, wenn man das richtig üben muss. Ich glaube, so wird es deutlich kontrollierter und am Ende auch besser.
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon James Blond » 16.08.2021, 21:33

tityre hat geschrieben:
James Blond hat geschrieben:Nun ja, wer aber entscheidet, ob es 'gut klingt'? Oder wann es gut klingt?


Du. Du entscheidest, ob das Ergebnis Deinen Ansprüchen genügt, ob Du den musikalischen Ausdruck erreichst, den Du Dir vorgestellt hast. Ganz einfach.

Darauf wollte ich auch hinaus. Allerdings möchte man mit seinem Spiel auch anderen gefallen und auch der eigene Geschmack kann sich im Laufe der Jahre ändern.

Als ich vor Dekaden mit dem Flötenspiel anfing, habe ich mich um sehr starke "rockige" Akzentuierungen bemüht. Ian Anderson war seinerzeit neben Herbie Man ein großes Vorbild. Da war ein perkussives Spiel mit viel Zungeneinsatz geboten. So ließ sich dann auch das hohe Register recht leicht erreichen.

Nach längerer Pause, im zweiten Anlauf, gefiel mir diese Art nicht mehr so gut, ich empfand den Klang als schrill und das dauernde Zungenstaccato als Ton erzwingend geradezu anfängerhaft. Infolgedessen bemühte ich mich verstärkt um einen sauberen, möglichst weichen und sicheren Ansatz ganz ohne Zungenbeteiligung bis in die dritte Oktave. Das hat viel Stütze, Ansatz und Zeit gefordert und damit den Ton - aber auch die Motivation, weiter zu machen - entscheidend verbessert. Vita brevis - ars longa!

Jetzt kommt für mich der Zeitpunkt, an die alten Baustellen der Artikulation zurückzukehren, allerdings dezenter und kontrollierter. Ich mache seit Jahren regelmäßig Testaufnahmen, um festzustellen, wie sich dieses oder jenes anhört (- kann ich übrigens sehr empfehlen). Und war auch schon öfters überrascht, das manches, was sich während des Spiels ganz gut anhörte, hinterher farblos oder langweilig klang.
Und eben auch umgekehrt: Das Staccato-Spiel klang teilweise schon ganz erfrischend. Also werde ich seine Möglichkeiten weiter ausbauen: Vorsätzlich bei den Übungen, aber intuitiv in den Stücken. Ob ich dabei jemals an Johann Strauss gerate, weiß ich jetzt zwar noch nicht, aber schaun mer mal ...

Liebe Grüße
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon Altepic » 17.08.2021, 22:00

Du. Du entscheidest, ob das Ergebnis Deinen Ansprüchen genügt, ob Du den musikalischen Ausdruck erreichst, den Du Dir vorgestellt hast. Ganz einfach.
.......
Ja... das ist richtig.

..... jetzt das berühmte deutsche aber...

Jeder entwickelt sich weiter....Es hängt tatsächlich vom Üben ab, wie man manche Stücke , die man vor ein, zwei Jahren gespielt hat auf einmal neu und vollkommen anders spielt...
Andere Betonungen, vorher schwierige Passagen sind auf einmal nicht mehr schwierig. Man hat sich einfach weiterentwickelt und kann mehr Ausdruck in das Stück bringen, wo man vorher mit technischen Schwierigkeiten gekämpft hat.

Wenn man die Zeit hat mehr täglich mehr zu üben, entwickelt man sich schneller weiter - hatte ich durch den Corona lockdown - ansonsten - mit Ehrgeiz, aber ohne sich unter Stress zu setzen.
Einfach dranbleiben.
Jede Stunde üben bringt einen weiter!

Was heute gut klingt ist heute gut.
Nächstes Jahr fragt man sich vielleicht, was hab ich mich vorher damit geplagt...
Ich hab mich weiter entwickelt... ist doch toll!!
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon James Blond » 18.08.2021, 20:36

Altepic hat geschrieben:Was heute gut klingt ist heute gut.
Nächstes Jahr fragt man sich vielleicht, was hab ich mich vorher damit geplagt...
Ich hab mich weiter entwickelt... ist doch toll!!


Und das ist übrigens auch ein guter Grund fürs Homerecording, wenn anhand von Aufnahmen die Fortschritte hörbar werden. Ganz wichtig für die Motivation, weiter zu üben. Das hört ja nie ganz auf, immer gibt es etwas zu verbessern. Auch wenn die Schritte kleiner werden und der Effekt sich später einstellt.

Mir ist übrigens aufgefallen, dass im Vergleich zu den Anfängerfragen die Probleme der Fortgeschrittenen in Foren sehr viel seltener behandelt werden. Ob das daran liegt, dass viele nach einer hoffnungsvollen Anfangsphase die Flöte frustriert wieder zu Seite legen? Ich kann mich jedenfalls noch daran erinnern, dass ich zu Beginn meiner 'längeren Pause' die Flöte weglegte, weil ich mein eigenes Spiel nicht mehr ertragen könnte.

Ist derartiges auch aus dem Unterricht bekannt?

Grüße
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon tityre » 20.08.2021, 08:47

Es gibt natürlich Leute, die aufhören oder sehr lange Pausen machen. Aus meiner Erfahrung heraus, passiert das meistens, wenn ein neuer Lebensabschnitt beginnt (Studium, Berufstätigkeit, Kinder etc.). Dass jemand aufhört, weil er nicht voran kommt oder sich "zu schlecht" findet, passiert eher viel früher. Die Spieler merken, dass ihre Begabung bei einem anderen Instrument liegt oder Musik generell nicht ihr Ding ist.

Ansonsten hat man natürlich Hochs und Tiefs. Ich hab tatsächlich mal im Unterricht angefangen zu heulen, weil ich monatelang intensiv etwas geübt habe und es trotzdem nichts wurde. Da musste ich mich und mein Spiel noch mal zusammen mit meiner Lehrerin neu sortieren und mir eingestehen, dass ich aufgrund einer 20jährigen Pause (Ausbildung, Kinderzeit) ein bestimmtes spielerisches Niveau in meinem Leben nicht mehr erreichen kann. Das war ein gewaltiger Knacks, weil ich bis dahin immer geglaubt habe, dass ich nur hart und geduldig genug üben muss und dann alles schaffen kann. Irgendwann lernt man, damit besser umzugehen.
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Re: Artikulation Staccato, Pizzicato mit Lippenschluss

Beitragvon Altepic » 21.08.2021, 00:35

Hallo Tityre,
.. da geht es Dir ähnlich wie mir.Hohe Ansprüche, aber nicht die ausreichende Zeit zum üben und spielen....

Ich wollte nach dem Abi. eigentlich Flöte studieren...
kam 1982 ins Musikkorps in Koblenz und konnte quasi ein Jahr professionell musizieren...
Das ist schon unglaublich, wie man sich ohne Unterricht entwickelt, wenn man 3-4 oder 5 Std. pro Tag spielt.
Ich wollte danach doch nicht mehr mein Leben als Flötist gestalten, weil die Chancen auf eine Orchesterstelle schon damals gering waren.

seit 9 Jahren habe ich meine Flöte wiederentdeckt un nutze sie als ausgleich zu meinem Beruf. Falls möglich 1-1/2 Std. täglich. Das ist meine Art der Meditation.
Nein... Profi wird man damit nicht.... Da sind einfach die Grenzen zu den 3-4 Std. täglichem spielen.
Aber die eigenen Grenzen kann man dabei immer noch gewaltig verschieben.
Dazu ghört aber auch Geduld.... und dann... nach einem Halben Jahr feststellen, daß man doch Fortschritte gemacht hat.

Als fortgeschrittener Spieler kann man sich auch manche Stücke ohne Lehrer erarbeiten
Mir macht es einfach Spaß, auch meine Entwicklung zu sehen. Langsam... nicht wie bei einem Musikstudenten, aber kontinuierlich
Vielleicht spiele ich demnächst mal die Chaconne von Ehlert ein... nach über einem Jaht üben.... :roll:

Fazit.. nicht kämpfen... einfach wachsen lassen :D
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