Das Problem mit den Läufen kenne ich nur zu gut
Wir (Ex-) Bratschisten sind ja eh als Langsamspieler verschrien, und für mich wirds ab 300 NpM (Noten pro Minute) eng. Ab da werden einfach einzelne Finger (besonders die Sehnenkopplung der Ring- und Kleinfinger) zu träge, und es wird stolprig.
Die jeweils aktuelle absolute Obergrenze ist für mich das Tempo, bei dem eine Einspielübung wie eine chromatische Leiter flüssig von der Hand geht, also das was ich durch tägliche Routine "am auswendigsten" draufhabe.
Mehr geht dann halt (noch) nicht und würde nur Frust schaffen.
Für andere Patterns (Leitern, Akkordbrechungen) liegt dann freilich die Grenze mangels Trainings schon mal deutlich darunter, was meinen Klari-Lehrer immer wieder wundert ("die Tonleiter hatten wir doch schon" - "Ja, aber nicht bei diesem Tempo!").
Das kann aber in der Regel gezielt ausgebaut werden.
Mit meinem Lehrer bin ich mir einig, daß man Sachen, die nicht auf Anhieb klappen,
immer und-überhaupt[tm]
langsam erarbeitet, bis die Mechanik der Abläufe steht. "Langsam" wäre dabei das höchste Tempo, bei dem eine Passage
sicher und ohne Holpern "vom Blatt" funktioniert.
Mir hilft dabei ein
Metronom, damit ich mir abgewöhne, vor der schwereren Passage zu bremsen um nachher wieder Gas zu geben.
Dann arbeite ich mich von Tag zu Tag hoch. Sobald der Satz/die Etüde
wiederholbar sicher spielbar ist, gebe ich ein paar bpm drauf. Lieber nicht zu viel. Die aktuellen Metronomeinstellungen schreib ich immer auf die Noten drauf.
Wenn man die mechanischen Abläufe in Einspiel-Übungen und Etüden trainiert, dann geht die Anwendung in Stücken wie von selbst, und man braucht idealerweise technisch(!) an Stücken gar nichts zu üben. Die gehen dann "wie von allein".
Eine blöde Sache gibt es allerdings bei der Anwendung in Stücken, das ist das
Lesen. Denn wenn man startet, spielt man tendenziell "mit den Augen", liest also Note für Note, und hält sich daran auch etwas fest. Das ist zunächst auch OK, aber bei höherem Tempo einfach durchzuhalten. Mit ausreichend Leseerfahrung nimmt man nicht mehr Bestandteile (Einzelnoten), sondern
ganze Gestalten (Figuren, Phrasen, Patterns, Riffs, Licks) wahr und kann sie bei entsprechender Übung direkt "aus den Fingern" abrufen. Das ist natürlich toll. Ich kann es noch lange nicht
Irgendwann kommt also der Punkt, wo man
das Papier loslassen muß, und die ganzen Phrasen spielt. Das steht dann in Spannung zur kontinuierlichen Steigerung. Für mich ist der Punkt jeweils dann erreicht, wenn ich das Tempo deutlicher anziehen kann (10-15 Prozent), ohne daß das Spiel deutlich unsicher wird.
Darum findet es mein Lehrer so wichtig, mich immer wieder "schwarzen Seiten" auszusetzen, damit ich das "Notenfressen" übe. Also meine Gestaltwahrnehmung verbessere.
Ansonsten hilft da wohl wirklich wie immer nur Geduld.
Flaschenhälse wie träge Einzelfinger kann man mit Fingerübungen und -Gymnastik auch trainieren, aber ohne Druck.
Robert Schumann sollte warnendes Beispiel sein?!
-- Liebe Grüße aus der Stadt mit dem riesigen Bahnhofskappellschen.