Selbstsicher spielen




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Selbstsicher spielen

Beitragvon Sumsi03 » 14.09.2018, 13:42

Hallo!
Ich spiele seit 13 Jahren Flöte (mit 5-jähriger Pause dazwischen) und nehme seit einem halben Jahr wieder Unterricht, um all die Kleinigkeiten wieder zu lernen, die ich während meiner Pause verlernt habe.
Seit einiger Zeit übe ich ein Stück ein, um es im Oktober vorzuspielen (Mozart KV 184, Rondo in D). Mittlerweile kann ich es relativ gut ohne Fehler spielen (noch nicht mit Klavier), aber mein großes Problem ist, dass ich nicht gut aus mir herausgehen kann und nicht so richtig selbstbewusst und schwungvoll spielen kann. Ich spiele eher ruhig und genau, was natürlich auch meine Persönlichkeit widerspiegelt. Nur muss man ja gerade bei Publikum so richtig Gas geben können und von sich überzeugt sein.
Ich weiß, dass es nur eine Kopfsache ist, warum ich auf dem Level wo ich jetzt bin, feststecke, aber ich weiß auch nicht wirklich, wie ich das ändern kann.

Würde mich sehr über ein paar Tipps freuen!
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von Anzeige » 14.09.2018, 13:42

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Re: Selbstsicher spielen

Beitragvon thomas » 14.09.2018, 18:54

Vielleicht kriegst du ein paar Idee, wenn du dir das hier anhörst:

https://www.swr.de/swr2/programm/sendun ... index.html

Michael Bohne ist Auftrittscoach aus Hannover
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Re: Selbstsicher spielen

Beitragvon James Blond » 14.09.2018, 21:14

Na na,
wer wird denn schon vorher zum Auftrittscouch laufen? ;) Hieße das nicht, seinen Misserfolg (sicherheitshalber) vorwegzunehmen?
Nein, das würde ich eher nicht machen.

Sicher ist das Mozart-Rondo in D kein Anfängerstückchen und verlangt eine ganze Menge technisches Können. Hut ab vor dieser Aufgabe! Für mich hieße das zunächst: Ruhe bewahren und sich nicht von selbstgesteckten, übertriebenen Zielen verrückt machen zu lassen. Und das gilt auch für die Vortragsweise. Stelle die Virtuosität ruhig einmal hinten an: Gelassenheit, Anmut und Akkuratesse sollten hier im Vordergrund stehen, erzwungene Lebhaftigkeit mit ausufernder Dynamik halte ich eher für kontraproduktiv. Die größte Gefahr ist, das die Aufregung und Anspannung vor dem Auftritt in den Vortrag einfließen und Unruhe und Nervosität verbreiten. Achtet auf das Tempo!

Steh ruhig zu deiner persönlichen Vortragsweise, sie kommt dem Stück entgegen und lass dich allenfalls von der Musik tragen, niemals aber von "guten" Vorsätzen. Die Lust am freieren Spiel entsteht aus einer inneren Sicherheit, die aber gilt es zunächst zu erarbeiten, sie lässt sich nicht herbeizaubern..

Viel Erfolg!

Grüße
JB
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Re: Selbstsicher spielen

Beitragvon thomas » 15.09.2018, 15:48

James Blond hat geschrieben:Na na,
wer wird denn schon vorher zum Auftrittscouch laufen? ;) Hieße das nicht, seinen Misserfolg (sicherheitshalber) vorwegzunehmen?
Nein, das würde ich eher nicht machen.


Kannst du grad nochmal zeigen, wo ich empfohlen habe, zu einem Auftrittscoach zu laufen, finde es nämlich nicht ?

Sumsi03 hat geschrieben:Ich weiß, dass es nur eine Kopfsache ist, warum ich auf dem Level wo ich jetzt bin, feststecke, aber ich weiß auch nicht wirklich, wie ich das ändern kann.


Das verstehe ich nach eine Frage nach Anregungen und Idee, Hypothesen; und möglicherweise könnte das Interview Anregungen geben, so wie du ja auch welche geschrieben hast.
Das ein Auftrittscoach da Ideen hat, unterstelle ich mal (wobei ich den Bohne auch sonst sehr schätze); dass das hieße, seinen Misserfolg vorwegzunehmen ist wirklich eine abenteuerliche Vorstellung von Coaching :roll:
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Re: Selbstsicher spielen

Beitragvon Altepic » 16.09.2018, 19:55

Hallo Thomas,
hab mir das Rondo das erstmal auf YT angehört. ..kannte ich bisher noch nicht.
Seh schön und auch schön anspruchsvoll
Kompliment!

Nach meiner Erfahrung ist das wichtigste beim Vorspiel die "Sicherheit" in allen Passagen.
Spiele nie ein Stück vor, wo du ANGSTstellen hast.

Wenn Du mit dem Stück sicherer werden willst - Du kannst es ja schon technisch...

..Google alles was geht über das Stück. Hat Mozart da Melodiethemen aus Opern übernommen, die bestimmte Stimmungen ausdrücken, etc. Frag Deinen Lehrer/in danach. etc...
Manchmal findet man über die Interpretation von Stücken ganze Masterarbeiten

Lerne besonders schwierige Passagen und auch für Dich besonders schöne Passagen auswendig
Selbst wenn Du im Konzert nicht auswendig spielst gibt das ein ungeheure Sicherheit
Irgendwann kannst Du das ganze Stück auswendig - das ist gar nicht soooo schwer!

Nimm Dich selber ein paar mal auf. Da hörst Du Deine eigenen Stärken und Schwächen wo Du noch arbeiten musst.
(James Blond kann Dir da sicher noch Tipps gebe. Er ist hier im Forum der Aufnahmespezialist!)

Stehe beim spielen wirklich "aufrecht" - das gibt Volumen und einen schöneren vollen tragfähigen freien Ton und !!! Selbstbewusstsein beim Spiel!!!

Zuletzt.. Du musst beim spielen nicht rumhampeln...
Wenn Du gut spielst genügen auch sparsame Bewegungen die aus der Emotion heraus entstehen.
Dein Spiel und Dein Ton überzeugen dann zur Genüge...

Viel Spaß bei der Aufführung und Vorbereitung

LG Altepic
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Re: Selbstsicher spielen

Beitragvon Altepic » 16.09.2018, 23:39

Nachtrag...
insbesondere am Anfang und bei Einsätzen...
mach nicht so intensive Bewegungen. Das macht Deinen Einsatz vor allem am Anfang kaputt.
Mit Stütze einfach anfangen zu spielen, so wie es das Stück erfordert.
Mit großen Bewegungen machst Du den Anfang kaputt, weil sich dadurch Dein Ansatz verschiebt.

Einfach da stehen und mit spielen anfangen und gleiten lassen... über Stütze
Hört sich einfach an... Klappt bei mir auch nicht immer....
Da sind viel Emotionen im Spiel weil man ja besonders gut spielen will. Trotzdem - Anfangs einfch fliessen lassen...
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Re: Selbstsicher spielen

Beitragvon Sheepy_Hollow » 17.09.2018, 12:09

Hallo Sumsi03,

zwei der genannten Tipps finde ich extrem hilfreich:

Altepic hat geschrieben:Lerne besonders schwierige Passagen und auch für Dich besonders schöne Passagen auswendig
Selbst wenn Du im Konzert nicht auswendig spielst gibt das ein ungeheure Sicherheit
Irgendwann kannst Du das ganze Stück auswendig - das ist gar nicht soooo schwer!


Achte hier aber darauf, dass du nicht nur motorisch auswendig gelernt hast, sondern dass du die Passage quasi aus dem Gedächtnis auf ein Blatt Papier schreiben kannst. Dabei ist es aber auch wichtig, dass du nicht nur stupide die Noten auswendig lernst, sondern auch die Phrasierung und die Betonungen und die Dynamik etc. Dem vorangehen sollte folgender Tipp:

Altepic hat geschrieben:Nimm Dich selber ein paar mal auf. Da hörst Du Deine eigenen Stärken und Schwächen wo Du noch arbeiten musst.
(James Blond kann Dir da sicher noch Tipps gebe. Er ist hier im Forum der Aufnahmespezialist!)


Ich nutze ein Aufnahmegerät von Zoom und arbeite mich immer näher an meine Klangvorstellung heran. Also:

Spielen und dabei aufnehmen
Anhören und dabei Verbesserungspotenzial eruieren
Spielen und dabei aufnehmen
Anhören und dabei Verbesserungspotenzial eruieren
usw.

Gerne in kleinen "Häppchen". Damit simulierst du auch die Vorspielsituation.

Hier ist dann auch schon der dritte Tipp: Spiele das Stück vor und hole dir viele Meinungen ein. Ich habe Stücke vor vielen Professoren und Meisterklassen vorgespielt und konnte damit dann gut vorbereitet in die Aufnahmeprüfungen gehen. Ähnlich könntest du es machen. Es muss nicht gleich ein Flötenprofessor sein. Es reicht dein Lehrer oder ein/zwei gute (Laien-) Musiker. Auch dein Klavierbegleiter kann dir tolle Anregungen geben, wenn du ihn darum bittest.

LG und viel Spaß beim Vorbereiten
“Faux comme une flûte” est un proverbe musical dès longtemps établi. “Je connais quelque chose de plus faux qu’une flûte, disait Mozart. – C’est? – Deux flûtes.”
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Re: Selbstsicher spielen

Beitragvon La musicienne » 17.09.2018, 23:06

Hallo Sumsi,

ich würde dir empfehlen, einige Mozart-Arien anzuhören. Dann bekommst du einen guten Zugang zum Charakter der Musik und viel Inspiration. Vielleicht fällt es dir dann leichter mit der Musik mitzugehen, wenn du genug "Hintergrundwissen" hast.

Es gibt auf Youtube übrigens eine Playback-Aufnahme für das Rondo KV 184. Natürlich klingt es nicht so toll, wie ein echtes Ochester, aber es hilt schonmal zum Üben, solange man noch keinen Pianisten zur Verfügung hat.
https://www.youtube.com/watch?v=SZFp-O5mXTI

Ich denke wenn du dich einmal richtig wohl fühlst mit dem Stück, wirst du von alleine anfangen können, aus dir heraus zu gehen und ausdrucksvoll zu spielen.
Findest du es schwierig selbstbewusst zu spielen, auch wenn du alleine übst, oder nur vor Publikum?
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Re: Selbstsicher spielen

Beitragvon Musiquer » 19.09.2018, 06:53

Was das unbeschwerte und gelöste Spielen angeht, hab ich sehr vom Unterrichten profitiert. Wenn ich den Schülern im Unterricht vorspiele, sind das ja meist relativ leichte Stücke und daraus nur kleinere Ausschnitte. Das ist also eine sogenannte "niederschwellige Vorspielsituation", in der es leicht ist, die mentalen Blockaden über Bord zu werfen. Oft übertreibe ich dann beim Vorspielen den Effekt, den ich demonstrieren will, was wiederum eine lustige gelöste Atmosphäre schafft. In vielen kleinen derartigen Vorspielsituationen, in denen es ja um garnichts geht, kann man nach und nach lernen, dass Vorspielen etwas ganz Selbstverständliches ist.

Der Effekt hat sich bei mir allerdings erst im Laufe längerer Zeit (Jahre) gezeigt, das geht nicht von heut auf morgen.
Vielleicht kannst Du Dir ein paar Schüler zulegen?

Viel Erfolg! und herzliche Grüße von
Musiquer
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Re: Selbstsicher spielen

Beitragvon Mozartine » 19.09.2018, 07:48

Hallo Sumsi03,

Wenn es eher Deinem Naturell entspricht ruhig und fokussiert zu spielen finde ich dies überhaupt nicht nachteilig. Ich finde es wichtig, dass Du Dich wohlfühlst und Freude am Musizieren hast, auch in der Vorspielsituation. Ich gebe meinen Schülern den Tipp, sich trotz Aufregung zu versuchen, auf die Liebe zum Instrument und zur Musik zu konzentrieren (das lenkt auch von der Aufregung ab) und zu versuchen, dies dem Publikum näher zu bringen.
Wichtig ist es auch, wie ich finde, sich klar zu machen, dass sofern es sich um ein "übliches Konzert handelt (also kein Wertungsvorspiel/Wettbewerb/Aufnahmeprüfung), hier nur Menschen sitzen, die eine schöne Zeit im Konzert mit der Musik erleben möchten und niemand, der nach Fehlern sucht oder negativ gesinnt ist. Das hilft zumindest meinen Schülern auch immer nochmal ganz gut. Ich denke im Laienbereich ist es auch nicht immer erstes Ziel alles perfekt zu spielen, sondern insb. die Freude an der Musik zu transportieren. Wenn jemand zwar technisch perfekt spielt, aber alles nur "herunterspielt", wirkt das auf das Publikum meist weniger gut als wenn jemand vielleicht die ein oder andere Unsauberkeit drin hat, aber dafür mit Liebe und Freude spielt.

Vielleicht hilft Dir der ein oder andere Ansatz. Jedenfalls wünsche ich Dir viel Erfolg und v.a. viel Spass beim Konzert.
Muramatsu DS (H-Fuß, dickwandig)
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