Verkrampftes Gefühl




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Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Picci » 09.02.2010, 22:52

Hallo ihr Lieben,

heute im Unterricht habe ich gemerkt, dass ich dort viel lockerer bin als zu Hause. :) :cry:
Da hab ich auch meine Lehrerin, die mich immer dazu ermuntert, mich fallen zu lassen und beim Spielen wohl zu fühlen.

Wenn ich dann zu Hause übe, versuche ich dieses lockere Gefühl im Bauch und im Hals wieder zu bekommen, was mir leider nur allzu selten gelingt. Ich fühl mich meist sehr verkrampft, und gehe sehr verbissen an meine Stücke heran. Dies merke ich vor allem an folgenden Stellen:

- mein Hals ist dann nicht so offen, wie er sein sollte

- das Gefühl für meine Atmung ist nicht tief genug; gerade bei schnellen Passagen habe ich dann das Gefühl, die Luft nicht vernünftig in den Bauch zu kriegen

- meine Finger fühlen sich verkrampft an und fließen nicht locker


Ich bin mir sicher, dass viel mit meiner inneren Haltung und Einstellung zu mir selbst zu tun hat und dass sich meine Gefühle dann auf meinen Körper auswirken. :(
Ich weiß aber auch, dass sich meine Gedanken/Gefühle entspannen können, wenn ich meinen Körper entspanne.

:?: Habt ihr eine Idee/Ahnung, was ich tuen kann, um mich beim Querflöte spielen entspannter zu spielen. Kennt ihr zum Beispiel Übungen für einen "offenen Hals" oder für ein entspannteres Bauchgefühl? :?:

Für hilfreiche Tipps und Ideen bin ich sehr dankbar!
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von Anzeige » 09.02.2010, 22:52

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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Christina » 10.02.2010, 08:38

Hallo Picci,

das ist schwierig - mir ging es meistens eher umgekehrt: zu Hause für mich alleine war das alles ganz locker und ich hatte überhaupt keine Schwierigkeiten, sobald ich aber im Unterricht in der Situation war, dass mir jemand beim Spielen zugehört hat, wurde ich nervös und habe mich ähnlich angespannt, wie du es in deinem Beitrag beschreibst. Bis ich dahin gekommen bin, dass ich auch da ähnlich locker spielen und mich wohl fühlen konnte, hat es sehr lange gedauert.

Wie du schon richtig beobachtest, denke ich auch, dass sich körperliche und geistige Anspannung in gewisser Weise gegenseitig beeinflussen. Ganz einfache und bewusste Atemübungen vor dem Flötespielen haben mir zum Beispiel immer dabei geholfen, zur Ruhe zu kommen und mich zu entspannen. Ich habe mich einfach für 2-3 Minuten flach auf den Rücken gelegt, bewußt und langsam in den Bauch geatmet und mich wirklich nur auf die Atmung konzentriert. Auch klassische Entspannungstechniken wie z.B. autogenes Training oder progressive Muskelentspannung können hilfreich sein, die lassen sich aber eigentlich nur unter entsprechender Anleitung richtig erlernen.

Zu Beginn des Spielens fange ich dann immer mit langen, ausgehaltenen Tönen an. Manchmal schließe ich dabei sogar die Augen, damit ich mich nur auf den Klang und das Fühlen meines Tons konzentrieren kann. Das ist fast schon eine Art Meditation und hilft mir immer ganz toll, zu entspannen und abzuschalten. Auch wenn ich zwischendurch merke, dass ich mich wieder zu sehr verspanne, hilft diese Übung dabei, wieder loszulassen.

Wenn du schreibst, dass es mit deiner inneren Einstellung zu dir selber zu tun hat, solltest du dich auch fragen, was der Grund für diese (negative?) Haltung ist und diese wenn möglich ändern. Ich weiß, dass man das viel leichter schreiben kann, als es sich tatsächlich umsetzen lässt, aber ich denke, es ist ganz wichtig, dass du zuerst wieder eine positive Einstellung zu deinem Flötespielen finden musst. Das ist etwas, was du genießen kannst, wo du keine großen Erwartungen erfüllen musst (außer deinen eigenen) und was du mal nur für dich selber tun kannst. Spiel die Dinge, die du gut kannst und die dir Spaß machen. Nimm dein Spielen bewußt wahr und freu dich über das, was gut geklappt hat. So lange, wie du dich immer nur kritisch beobachtetst und darauf wartest, dass wieder irgendwo zu viel Anspannung ist, wird das Nichts. Also fang mal an, einfach zu "spielen" (im wahrsten Sinne des Wortes) und genieß einfach, was du da tust. Je besser dir das gelingt, umso mehr wird auch die Anspannung nachlassen, da bin ich mir ziemlich sicher.

Liebe Grüße
Christina
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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Altetröte » 10.02.2010, 09:57

Hallo Picci,

das Gefühl kenne ich auch. Meist wird es dann auch immer schlimmer, je mehr man versucht, locker zu werden.

Mir hilft dabei die Vorstellung, mich ganz weit zu machen und nach unten zu denken, und vor allem, nichts "machen" wollen, sondern es einfach nur geschehen lassen. Es ist schwer zu erklären, aber sobald Du versuchst, den "schönen Ton" z.B. bewußt "machen" zu wollen, geht es schief, bei mir jedenfalls. Vielleicht helfen Dir zum Einspielen auch Zwerchfellstöße, denn die kann man nur hinbekommen, wenn man locker ist, und wenn das schon mal gut klappt, bist Du vielleicht weniger verkrampft.

Kann es sein, dass Du von vornherein mit einer bestimmten Erwartungshaltung an das Üben herangehst, und wenn es nicht so klingt, wie Du erwartet hast, versuchst Du "krampfhaft", Deine eigene Erwartung (Deinen Anspruch) zu erfüllen?

Gib Dir ein bißchen Zeit und wenn gar nichts geht, leg die Flöte 5 Minuten weg und Du wirst sehen, dass es auf einmal viel besser klingt.

Ich stelle mir z.B. den Luftstrom vor, und wie er meine Wangen zum Vibrieren bringt, das geht auch nur, wenn ich ganz locker bin und den Hals weit mache und dann folge ich dem Luftstrom und fühle die Luft auch unter meinen Fingerspitzen durch die Flöte hindurch fließen. Wenn Du alle Sinne darauf ausrichtest, geht alles andere von allein und einen schönen Ton gibt es noch obendrauf.

Viel Erfolg!

Liebe Grüße
von der

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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Picci » 10.02.2010, 12:16

Christina hat geschrieben:Hallo Picci,
zu Hause für mich alleine war das alles ganz locker und ich hatte überhaupt keine Schwierigkeiten, sobald ich aber im Unterricht in der Situation war, dass mir jemand beim Spielen zugehört hat, wurde ich nervös und habe mich ähnlich angespannt, wie du es in deinem Beitrag beschreibst.


ja, diese Situation kenne ich auch; als ich mit meiner neuen Lehrerin angefangen habe, ging es mir ähnlich. Aber im Laufe der Zeit fiel es mir leichter, mich im Unterricht zu entspannen und jetzt hab ich immer ein tolles Gefühl, wenn ich aus dem Unterricht nach Hause komme. Es geht also, ich kann mich beim Spielen entspannen. Irgendwie hat meine Lehrerin so eine tolle Art, mich wieder auf den Boden zurück zu holen :)


Christina hat geschrieben:Ganz einfache und bewusste Atemübungen vor dem Flötespielen haben mir zum Beispiel immer dabei geholfen, zur Ruhe zu kommen und mich zu entspannen.


Das ist eine gute Idee. Wie lange hat es bei dir gedauert, bis du dich wirklich beim Spielen entspannen konntest?


Christina hat geschrieben:Wenn du schreibst, dass es mit deiner inneren Einstellung zu dir selber zu tun hat, solltest du dich auch fragen, was der Grund für diese (negative?) Haltung ist und diese wenn möglich ändern.


Ja, das nehme ich gerade in Angriff. Ich bin froh, dass ich es tue; schlage mich schon viel zu lang mit dieser "negativen" Haltung mir gegenüber rum.


Christina hat geschrieben:...aber ich denke, es ist ganz wichtig, dass du zuerst wieder eine positive Einstellung zu deinem Flötespielen finden musst. Das ist etwas, was du genießen kannst, wo du keine großen Erwartungen erfüllen musst (außer deinen eigenen)


DAS ist wahrscheinlich der wichtigste Punkt. Ich bin furchtbar selbstkritisch und es gelingt mir nicht immer das zu genießen, was ich spiele. Wenn es mir mal nicht gut geht und mein Ton darunter leidet, zieht mich das ganz furchtbar runter und ich zweifle an den ganzen Fortschritten, die ich in den letzten Monaten gemacht habe.
Dann fühle ich mich schnell frustriert und versuche quasi krampfhaft, aus meiner Flöte doch noch einen brauchbaren Ton rauszubringen, aber das geht dann erst recht schief. Völlig frustriert hör ich auf und lege ich meine Flöte beiseite für den Rest des Tages.
Dann gibt es natürlich auch die Tage, an denen ich voller Freude durch das ganze Haus springe und mich über meinen tollen Ton freue, oder weil ich eine Passage, die ich gestern noch nicht konnte, auf einmal hinbekommen habe. Nur leider gehen diese positiven Gefühle wieder verloren, wenn ich einen "schlechten" Tag habe.
Du hast recht, ich sollte mir öfter vor Augen führen, was ich tatsächlich alles in den letzten Monaten auf der Flöte erreicht habe :)


Christina hat geschrieben:Also fang mal an, einfach zu "spielen" (im wahrsten Sinne des Wortes) und genieß einfach, was du da tust. Je besser dir das gelingt, umso mehr wird auch die Anspannung nachlassen, da bin ich mir ziemlich sicher.


Das ist wahrscheinlich die größte Herausforderung!!! Danke für deine Antwort, Christina :)


Altetröte hat geschrieben:Mir hilft dabei die Vorstellung, mich ganz weit zu machen und nach unten zu denken, und vor allem, nichts "machen" wollen, sondern es einfach nur geschehen lassen. Es ist schwer zu erklären, aber sobald Du versuchst, den "schönen Ton" z.B. bewußt "machen" zu wollen, geht es schief, bei mir jedenfalls.


Ja, das "fallen lassen" wirkt tatsächlich Wunder, diese Erfahrung habe ich schon mal gemacht. Hab zum Beispiel meine Nervosität damit in den Griff bekommen :)
Die Zwerchfellstöße werde ich probieren. Klingt logisch, dass die nur bei lockerer Atmung funktionieren. Damit kann ich ja auch meine "Atmung" trainieren, sich schneller für das Einatmen zu entspannen, oder?

Altetröte hat geschrieben:Kann es sein, dass Du von vornherein mit einer bestimmten Erwartungshaltung an das Üben herangehst, und wenn es nicht so klingt, wie Du erwartet hast, versuchst Du "krampfhaft", Deine eigene Erwartung (Deinen Anspruch) zu erfüllen?


Ja, das ist leider so :(


Altetröte hat geschrieben:Ich stelle mir z.B. den Luftstrom vor, und wie er meine Wangen zum Vibrieren bringt, das geht auch nur, wenn ich ganz locker bin und den Hals weit mache und dann folge ich dem Luftstrom und fühle die Luft auch unter meinen Fingerspitzen durch die Flöte hindurch fließen. Wenn Du alle Sinne darauf ausrichtest, geht alles andere von allein und einen schönen Ton gibt es noch obendrauf.


Hab leider geschlossene Klappen, da werde ich wohl auf das Fingerspitzengefühl verzichten müssen; Den Luftstrom in den Wangen zu erspüren werde ich auf jeden Fall ausprobieren. Vielen Dank Altetröte für deine Antwort. Es ist schön, dass jemand mit einem ähnlichen Problem eine Lösung gefunden hat. Werde über meine Erfahrungen berichten.
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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Christina » 10.02.2010, 13:26

Picci hat geschrieben:Das ist eine gute Idee. Wie lange hat es bei dir gedauert, bis du dich wirklich beim Spielen entspannen konntest?


Das weiß ich nicht mehr so genau, ist schon eine Weile her. Aber einige Wochen wird es schon gedauert haben. Es hat auch nicht immer gleich gut geklappt, an manchen Tagen fällt es eben leichter, als an anderen.

Picci hat geschrieben:Dann gibt es natürlich auch die Tage, an denen ich voller Freude durch das ganze Haus springe und mich über meinen tollen Ton freue, oder weil ich eine Passage, die ich gestern noch nicht konnte, auf einmal hinbekommen habe. Nur leider gehen diese positiven Gefühle wieder verloren, wenn ich einen "schlechten" Tag habe.
Du hast recht, ich sollte mir öfter vor Augen führen, was ich tatsächlich alles in den letzten Monaten auf der Flöte erreicht habe :)


Dann versuch es doch mal mit einer ganz simplen Übung: setzt dich mal in aller Ruhe hin und schreib tatsächlich auf, was sich in - sagen wir mal - dem letzten halben Jahr an deinem Spiel positiv (!) verändert hat. Das muss nichts Weltbewegendes sein, aber irgendwelche Kleinigkeiten, über die man sich freut, wenn sie endlich klappen, gibt es doch bei jedem von uns. Diesen Zettel hängst du dir dann an die Wand über deinem Notenständer, um dich immer wieder daran zu erinnern, dass du eigentlich gut bist und es, wenn es gerade mal nicht so läuft, nur daran liegen kann, dass du mal einen schlechten Tag hast.
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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Picci » 10.02.2010, 14:09

Christina hat geschrieben:Dann versuch es doch mal mit einer ganz simplen Übung: setzt dich mal in aller Ruhe hin und schreib tatsächlich auf, was sich in - sagen wir mal - dem letzten halben Jahr an deinem Spiel positiv (!) verändert hat. Das muss nichts Weltbewegendes sein, aber irgendwelche Kleinigkeiten, über die man sich freut, wenn sie endlich klappen, gibt es doch bei jedem von uns. Diesen Zettel hängst du dir dann an die Wand über deinem Notenständer, um dich immer wieder daran zu erinnern, dass du eigentlich gut bist und es, wenn es gerade mal nicht so läuft, nur daran liegen kann, dass du mal einen schlechten Tag hast.


Das ist eine super Idee! :mrgreen:
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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Altetröte » 10.02.2010, 15:11

Liebe Picci,

Du schriebst:

Es ist schön, dass jemand mit einem ähnlichen Problem eine Lösung gefunden hat. Werde über meine Erfahrungen berichten.


Ja, ich würde gern Deine Erfahrungen lesen. Es ist eigentlich keine Lösung, sondern ein Entwicklungsprozeß. Es hat sehr, sehr lange gedauert, bis ich wirklich erkannt habe, um was es geht, und ich arbeite eigentlich noch immer daran, diese Erkenntnis umzusetzen. Ich bin noch lange nicht so locker, wie ich es gern sein würde bzw. wie ich es sein müßte. Das, was Christina schrieb: "einfach nur spielen" ist schon fast der Stein der Weisen: wenn Du das kannst und Dich dann ganz in Dein Spiel fallen lassen kannst, dann machst Du Musik (würde meine Lehrerin sagen :D ), weil Du dann mit Deinem Vortrag etwas ausdrückst, etwas bewegst, ohne zwischendurch auch nur im Entferntesten an technische Dinge oder überhaupt irgendetwas zu denken. Manchmal gelingt mir das für wenige Augenblicke und dann weiß ich wieder, wo es hingehen muß. Leider sind diese Momente noch viel zu selten, weil ich noch viel zu sehr mit technischen und motorischen Schwierigkeiten zu kämpfen habe (eben so als Alte Tröte).

Was mich, ehrlich gesagt, etwas überrascht hat, ist, dass Du ja eigentlich schon sehr lange spielst und auch als Kind angefangen hast (stimmt das?) und jetzt mit "meinen" Problemen kämpfst, die ich für mich immer darauf zurückgeführt habe, dass ich eben als Erwachsene im mittleren Alter erst mit dem Querflöte spielen begonnen habe, ohne vorher auch nur Noten lesen zu können. Ich habe immer gedacht, jeder, der als Kind ein Instrument lernt und quasi damit groß wird, kennt diese Schwierigkeiten nicht. Allein deshalb interessiert es mich natürlich sehr, wie Du weiter damit umgehst, vielleicht können wir gegenseitig von unseren Erfahrungen profitieren :D

Liebe Grüße
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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Picci » 10.02.2010, 17:54

Liebe Altetröte,

du schriebst...

Altetröte hat geschrieben:Was mich, ehrlich gesagt, etwas überrascht hat, ist, dass Du ja eigentlich schon sehr lange spielst und auch als Kind angefangen hast (stimmt das?) und jetzt mit "meinen" Problemen kämpfst, die ich für mich immer darauf zurückgeführt habe, dass ich eben als Erwachsene im mittleren Alter erst mit dem Querflöte spielen begonnen habe, ohne vorher auch nur Noten lesen zu können.


Vielleicht verstehst du mich besser, wenn ich dir ein bisschen von meiner musikalischen Entwicklung erzähle: Mit 10 Jahren habe ich angefangen, Blockflöte zu spielen, obwohl die Querflöte immer mein Trauminstrument war. Nach einigen Jahren in einem Spielmannszug, bin ich über Umwege bei der Querflöte gelandet. Da war ich 19 Jahre alt. Natürlich waren mir Zwerchfellatmung und Notenlesen kein Fremdwort; die Querflöte ist mit der Blockflöte auch von der Atemtechnik her nicht unbedingt vergleichbar.
Ich habe ungefährt 4 Jahre lang bei einem wirklich lieben Lehrer Unterricht gehabt. Der Unterricht hat zwar unheimlich viel Spaß gemacht und hat mir auch "psychisch" gut getan. Die technischen Grundlagen kamen dabei leider zu kurz.
Dann hatte ich ungefähr noch mal drei bis vier Jahre keinen Unterricht und hab vor ca. 1 1/2 Jahren bei meiner jetzigen Lehrerin angefangen. Und gemeinsam mit ihr habe ich erst gelernt, mehr auf das zu hören, was ich spiele. Sie hat meine Ohren und Augen für mein eigenes Spiel geöffnet und wir arbeiten intensiv an meiner Atmung und an meinem Ton. Mein Ton war nicht wirklich schlecht, als ich zu ihr gekommen bin, aber gerade in der Höhe dünn und zu rauschig. Es hat unheimlich lange gedauert, bis ich verstanden habe, was sie damit meint, dass ich mich entspannen und fallen lassen soll.

Kritisch mit mir selber war ich schon immer und es fällt mir auch in anderen Dingen des täglichen Lebens schwer, mich wirklich zu entspannen und zu entkrampfen.
Daher weiß ich nicht, ob es mit dem Alter zu tun hat, in dem man beginnt, ein Instrument zu lernen oder ob es eher mit der persönlichen Einstellung sich selber gegenüber zusammen hängt. Viele meiner Freunde sind Musiker und die meisten empfinde ich als äußerst tiefgründige und empfindsame Menschen. Vielleicht neigen gerade Musiker zu überzogener Selbstkritik und Perfektionismus???
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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Picci » 10.02.2010, 19:31

Auh Mann, dass muss ich euch erzählen. Ich glaubt, ja gar nicht, was ich grade erlebt hab 8)

Heute abend ist leider unsere Registerprobe ausgefallen und weil ich so Bock auf Querflöte spielen hatte, hab ich mich hingesetzt und ein bisschen Flöte gespielt.

Vorher habe ich mich mit ein paar Atemübungen entspannt und danach fühlte sich alles leicht und locker an. Mit diesem Gefühl im Bauch habe ich angefangen zu spielen und es war richtig schön :D - es ist mir tatsächlich gelungen, das Unterrichtsgefühl nach Hause zu holen. Irgendwie fiel mir alles leicht und locker. Wie Christina und Altetröte geraten haben: ich hab nicht krampfhaft versucht, einen schönen Ton zu spielen, sondern der schöne Ton hat "mich" gespielt, wenn ich versteht; was ich meine :D

Ach, ich bin so glücklich über meine ersten Erfolge... :mrgreen: :mrgreen:

Danke ihr Lieben für die Unterstützung!
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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Christina » 10.02.2010, 20:56

Hey, das sind doch tolle Neuigkeiten! Ich freu' mich für dich, dass es so gut geklappt hat und drücke dir ganz ganz fest die Daumen, dass das auch weiterhin funktioniert. Aber jetzt weißt du ja, dass es geht und dass du auf dem richtigen Weg bist.
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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Altetröte » 10.02.2010, 23:10

Das ist ja super!!! Ich kann es nachfühlen, wie es Dir geht *mitfreu*

Liebe Grüße
von der

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P.S. Vielleicht hast Du recht und es liegt wirklich nicht (nur) am Alter, sondern an der Persönlichkeit und dem Anspruch an sich selbst; da sind wir uns scheinbar ziemlich ähnlich :)

Ich kenne auch viele Musiker und habe die gleiche Erfahrung gemacht; auch wenn sie noch so locker drauf sind, wenn es um ihr eigenes Musizieren geht, sind sie sehr selbstkritisch, und ja, ich habe tatsächlich auch noch keinen oberflächlichen Musiker kennen gelernt. Ich glaube aber auch, dass Oberflächlichkeit und Anspruch nicht so recht zusammenpassen *gg*
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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Picci » 11.02.2010, 15:17

Altetröte hat geschrieben:P.S. Vielleicht hast Du recht und es liegt wirklich nicht (nur) am Alter, sondern an der Persönlichkeit und dem Anspruch an sich selbst; da sind wir uns scheinbar ziemlich ähnlich :)


Ja, da scheinen wir uns wirklich ähnlich zu sein. Und mit Sicherheit können wir beide von den Erfahrungen des anderen profitieren. Ich freue mich auf den Austausch mit dir. :)
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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Altetröte » 12.02.2010, 09:10

Liebe Picci,

ich mich auch :D

Ich habe gestern beim Unterricht auch wieder eine neue Erfahrung gemacht! Ich weiß jetzt, wie ich die Töne der dritten Oktave, die bei mir ab e''' eigentlich alle viel zu hoch sind, ansatztechnisch und luftführungstechnisch herunterbekomme und es dabei sogar noch gut klingt! Ich hoffe, ich kann das konservieren, meistens dauert es nach dem aha-Erlebnis erst mal wieder eine Weile, bis ich das Gefühl wieder abrufen kann. Aber immerhin weiß ich jetzt den Weg... Ich habe sowieso das Gefühl, dass ich meinem Ideal vom schönen Ton ein Stückchen näher gekommen bin und wir haben das gestern so richtig genossen. Ich habe so eine tolle Lehrerin, wenn sie merkt, dass es mal so richtig gut läuft, dann nutzen wir das richtig aus, ohne auf die Uhr zu sehen. Gestern waren es dann gute anderthalb Stunden und ich war hinterher richtig platt, aber so angenehm kaputt, wie nach dem Sport oder so. Also ein gutes Gefühl!

Liebe Grüße
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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Picci » 12.02.2010, 11:01

Liebe Altetröte,

solche Erfahrungen sind wirklich wundervoll. Ich liebe diesen Moment, wenn es endlich "klick" macht und ich umsetzen kann, was meine Lehrerin mir vermittelt hat. Meine Lehrerin freut sich dann auch immer mit mir, das tut richtig gut :)
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Re: Verkrampftes Gefühl

Beitragvon Picci » 13.02.2010, 23:03

Ehrlich gesagt hatte ich ein bisschen Angst, dass mein tolles Erlebnis von Mittwoch (siehe meinen Freudentaumel hier im Thread 8) ) ein "Glückstreffer" war und dass es beim nächsten Mal Üben nicht funktioniert.

Glücklicherweise waren meine Bedenken unbegründet. Heute ist es mir wieder gelungen, dieses entspannte Gefühl über meine gesamte Übezeit hinweg beizubehalten. Mann, das war klasse! Auch meinem Mann ist aufgefallen, dass meine Flöte auf einmal ganz anders klingt. :D
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