Also auf vielfachen Wunsch hier der Versuch einer Einführung in die Balancehaltung:
Vorteile der Balancehaltung:
- Die Finger werden weitgehend von Haltungsaufgaben befreit, alle Finger sind "nur" noch Spielfinger
- Die Flöte liegt stabil und die Stabilität bleibt auch unabhängig davon welche Klappen aktuell betätigt werden oder nicht (dadurch wird auch die Intonation bei c/cis/h verbessert da die Flöte nicht mehr nach unabsichtlich wegkippen kann)
- Das Anpressen der Flöte wird vermindert
- sie ist ganz natürlich und arbeitet nicht gegen die Schwerkraft
- Die Händer und Finger müssen rund aufgesetzt werden, die Handgelenke werden entlastet (im Vergleich zu einer sehr nach hinten gerichteten Haltung)
- Und das alles wirkt sich schlussendlich natürlich auch auf Klang und Intonation aus (da kein Wegkippen mehr, keine Verkrampfungen usw).
Die reguläre Haltung:
Das Anblasloch der Mundlochplatte liegt (mehr oder weniger) in einer Linie mit den Klappen. Wenn nun hier alle Finger (einschließlich kleiner Finger rechts) gehoben werden rollt die Flöte nach hinten (zum Spieler)
Wenn die Flöte nicht rollt, dann liegt das i.d.R. daran, dass der Spieler die Flöte sehr stark an das Kinn anpresst (und auch das ist nicht wünschenswert).
-> Die reguläre Haltung arbeitet gegen die Schwerkraft. Sie bleibt immer aktiv (wenn auch unbewusst) und irgendein Finger (meist der kleine Finger der rechten Hand) muss Haltungsaufgaben übernehmen. Aus diesem Grund kippt dann die Flöte beim cis2 oft sehr stark nach hinten, dadurch ändert sich der Klang und die Intonation dieses Tones drastisch. Damit kämpfen die meisten Anfänger.
-> Die Finger bleiben oft steifer und in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkter weil sie Haltungsaufgaben übernehmen müssen.
-> durch das starke Andrücken durch den linken Zeigefinger an die Lippen wird die Variationsbreite des Ansatzes eingeschränkt (das führt zu Problemen
bei Klang und Intonation)
Natürlich kann ich das alles durch Übung und Erfahrung ausgleichen. Aber warum etwas ausgleichen, wenn man es von Anfang an vermeiden kann?
Die Balancehaltung:
Bei der Balancehaltung wird die Schwerkraft zum Balancieren der Flöte genutzt. Wenn man die Flöte betrachtet kann man erkennen, dass das Gewicht der Mechanik die Flöte in eine bestimmte Richtung drückt. Zeigt die Mechanik nach hinten (Klappen zeigen nach oben bis nach hinten) dann kippt die Flöte nach hinten weg. Zeigt die Mechanik nach vorne (Klappen zeigen sehr weit nach vorne), dann rollt die Flöte nach vorne weg. Zeigt die Mechanik jedoch nach schräg oben (Klappen leicht nach vorne), dann bleibt die Flöte in Balance.
Das erreicht man durch eine andere Einstellung des Mundstückes. Das Anblasloch der Mundlochplatte liegt bei der Balancehaltung (mehr oder weniger) in einer Linie mit der großen Achse der Mechanik. Die Klappen zeigen leicht nach vorne. Dadurch sinkt der linke Arm etwas nach unten und der rechte Arm muss nun mehr von oben greifen. Dadurch wird i.d.R. die Haltung der rechten Hand und ihrer Finger wesentlich runder.
Die Flöte wird jetzt nur noch an drei Punkten gehalten:
- den Lippen (aber hier nur ganz leicht)
- der Wurzel des linken Zeigefingers
- dem Daumen der rechten Hand
Wenn man alle anderen Finger weit weg von der Flöte streckt (hier muss man das wirklich mal machen damit man auch wirklich nicht mogeln kann) und diese Finger auch die Flöte wirklich nicht mehr berühren (auch nicht mit dem kleinsten Stückchen!) dann muss man die Flöte ausbalancieren. Minimale Veränderungen zeigen hier schon viel Wirkung. Anschließend stell man sein Mundstück nun so ein, dass die Flöte in Balance liegt und man in gewohnter Art und Weise alle Töne sauber und schön anblasen kann. Dazu muss man das Mundstück eben etwas mehr oder weniger ausdrehen/eindrehen. Hier hilft nur ausprobieren und vor jedem Spielen neu ausbalancieren.
Zeit Zeit Zeit
Die Umstellung braucht Zeit. Am Anfang wird sich die Haltung einfach nur falsch anfühlen. Wenn man durchhält wird man aber wirklich belohnt. Mit der Zeit weiß man auch genau wie man sein Mundstück einstellen muss, damit die Flöte nicht mehr kippen kann und das Ausbalancieren fällt weg. Die Flöte liegt dann einfach in Balance.
Schüler
Meine Schüler lernen alle die Balancehaltung. Die Kleinen haben immer ganz schnell den Dreh raus und tun sich damit sehr leicht. Dadurch kann ich das Wegkippen bei bestimmten Tönen (z.B. dem cis2) bei meinen Schülern nicht mehr beobachten. Als ich noch mit der regulären Haltung unterrichtet habe war das ganz normal, dass die Flöte bei diesen Tönen gekippt ist und ich meine Schüler darauf hinweisen musste.
Auch spielen meine Schüler weitaus offener. Das starke Eindrehen der Flöte ist meist ja gar nicht beabsichtigt, sondern passiert eben ganz schleichend beim Spielen. Man fängt ganz normal an und nach ein paar Takten hat man die Flöte weit eingedreht. Das kann hier nicht mehr passieren. Wer eindreht macht das aktiv und absichtlich.