Na, da scheint bei Dir ja Einiges zusammen gekommen zu sein. Aber ich kann Dir versichern, dass die Mundtrockenheit ein ganz klarer Fall von Lampenfieber ist.
Lampenfieber ist ja - wissenschaftlich betrachtet - eine Phobie, also Angst vor irgendetwas, und unser Urinstinkt sagt uns in solchen Fällen: Hau ab, so schnell Du rennen kannst!
Damit wir so schnell rennen können, um der Gefahr (Säbelzahntiger, Höhlenlöwe oder was auch immer) zu entkommen, wird massenhaft leistungssteigerndes Adrenalin freigesetzt und das Blut wird in erster Linie dahin befördert, wo man es zum Rennen braucht. Bestimmte Körperfunktionen werden dazu minimiert, um alles an Ressourcen freisetzen zu können.
Das bedeutet, dass Herzschlag und Atmung sich verändern und unser Wahrnehmungsvermögen eingeschränkt ist. Dadurch, dass wir uns zwingen müssen, NICHT wegzulaufen, entsteht weiterer Streß, schwitzige Hände und wacklige Knie können die Folge sein. Die Atemfrequenz steigt weiter und wenn man Pech hat, hyperventiliert man. Die Mundtrockenheit ist ebenfalls eine Folge des zusätzlichen Stresses. Es ist sehr schwer, gegen Lampenfieber, wenn es einen erst einmal erwischt hat, anzukommen, da kann ich ein Lied von singen. Helfen können alle Arten von Entspannungsübungen, Yoga, Tai Chi oder progressive Muskelentspannung oder autogenes Training. Viele schwören auf Alexandertechnik, andere schlucken Betablocker oder Alkohol. Die richtige Methode muß jeder für sich herausfinden. Am wichtigsten ist, sich selbst nicht durch den Anspruch, eine perfekte Leistung erbringen zu wollen, zusätzlich unter Druck zu setzen. Sicher ist eine gute Vorbereitung das A und O, und mein Lehrer sagt immer, man sollte ein Stück zu 150 % beherrschen, damit in der Auftrittssituation 80 % übrig bleiben, und wenn man bei Liveauftritten von Musikern genau hinhört, dann kann man auch hören, dass ab und zu mal etwas danebengeht. Ein Teil der Kunst besteht also auch darin, solche Stellen perfekt zu überspielen. Wenn man souverän bleibt, dann hat man die beste Chance, dass der Zuhörer nichts merkt. Jemand, der das Stück nicht kennt, wird es eh nicht hören und andere zucken vielleicht mal kurz, aber da Musik ja auch eine Momentsache ist, ist der Augenblick schnell vorbei und man hat es vergessen.
Zum guten Schluß kann ich Dir noch sagen, was mir gegen den trockenen Mund geholfen hat: Es gibt so winzig kleine Traubenzuckerpastillen mit Zitronengeschmack, die lege ich mir aufs Notenpult. Wenn man die unter normalen Umständen lutscht, ist es, als wenn man in eine Zitrone beißt. Seitdem ich die dort liegen habe, habe ich keinen trockenen Mund mehr, ich habe sie bisher auch noch nicht einmal gebraucht; allerdings immer noch Lampenfieber, denn der Körper hat viele Möglichkeiten, Streßsymptome zu entwickeln